Wohnungsgesellschaft deklariert Putzfrau als neue Betriebskosten

  • Hallo zusammen, über einen Rat wäre ich sehr dankbar.

    Meine Mutter und Großmutter wohnen jeweils bei derselben Wohnungsgesellschaft, die die Häuser neu übernommen hat. Ein Teil der Wohnungen sind zu Eigentum umgewandelt worden, meine Familie lebt zur Miete. Das Verhältnis Eigentümer/Mieter ist ca 50/50 und vor allem die Eigentümer beteiligen sich kaum an der Treppenhausreinigung, was zu wiederholten Beschwerden bei der vermietenden Wohnungsgesellschaft führte.

    Das Reinigen des Treppenhauses liegt beim Mieter, das ist eindeutig im Mietvertrag geregelt.
    Nun wurden Plakate ausgehängt, daß jeder abstimmen kann, ob stattdessen eine Reinigungsfirma beauftragt wird, die Mehrheit soll entscheiden.
    Meine Familie ist dagegen, wird aber in der Minderheit sein. Sie wollen aber beide die Kosten nicht tragen und weiter selber putzen. Ich habe daraufhin einen Brief an die Gesellschaft aufgesetzt, in dem ich der Gesellschaft mitgeteilt habe, daß eine solche Frage nicht per Mehrheitsentscheid geregelt werden kann, da sie bereits abschließend im Mietvertrag geregelt ist. Es stehe der Gesellschaft nicht zu, diesen einseitig zu ändern und wir würden uns notfalls einen Anwalt suchen.

    Die Antwort der Gesellschaft war nun gestern, man könne das sehr wohl. § 3 des Mietvertrags sehe die Umlegung neuer Betriebskosten vor. Eine Reinigungskraft sei eine solche Umlage. Man werde auf der nächsten Versammlung abstimmen und uns informieren, ob die Reinigungsfirma beauftragt werde.

    Die Frage ist nun: Kann so etwas wirklich unter "neue Betriebskosten" fallen? M.E. scheitert es schon an der Definition "Betriebskosten".
    Ich habe dazu im Internet gefunden: Betriebskosten sind die in der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV in der jeweils geltenden Fassung bezeichneten Kosten. Betriebskosten sind danach die nachstehenden Kosten, die dem Vermieter für das Gebäude oder die Wirtschaftseinheit laufend entstehen, es sei denn, dass sie üblicherweise vom Mieter außerhalb der Miete unmittelbar getragen werden.
    Die Treppenausreinigung wird ja außerhalb der Miete unmittelbar getragen. Zudem kann §3 ja kaum dazu gedacht sein, bestehende explizite Regelungen auszuhebeln.


    Es wäre schön, wenn mir jemand etwas dazu sagen könnte. Herzlichen Dank im voraus

  • Im Mietvertrag steht:
    Haus und Gründstück sind rein zu halten. Verunreinigungen sind von den Verantwortlichen Hausbewohnern unverzüglich zu beseitigen.
    Die Hausbewohner haben die Kellerflure, Treppen, die Treppenhausfenster, Treppenhausflure und den Boden abwechselnd nach einem bei Bedarf aufzustellenden Reinigungsplan zu reinigen. Das Bohnern im Treppenhaus ist nicht gestattet.

    Besagter §3 stellt fest, daß alle in der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV in der jeweils geltenden Fassung bezeichneten Kosten umgelegt werden können, sowie neue Betrieskosten.

    Die Wohnungsgesellschaft ist übrigens die Vonovia, die anscheinend schon einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt haben durch eine ziemlich eigenwillige Auslegung der Betriebskosten

  • Ich halte diese Vorgehen grundsetzlich für möglich. Wenn z.Bsp. das Treppenhaus einfach verdreckt, oder sich Mieter schlicht nich an der Reinigung beteiligen usw. ist es Normalität das dann z.Bsp. eine Hausreinigung beauftragt wird, und das auch die BK umgelegt werden kann.

    Einmal editiert, zuletzt von AJ1900 (16. Juli 2016 um 11:12)

  • Hallo MelRe,

    Wenn das wirklich alles ist, sieht das gut für dich aus.

    Die Treppenhausreinigung ist scheinbar eindeutig dem M übertragen.
    Hieraus jetzt einen neuen Posten BK zu konstruieren ist m.E. nicht möglich.

    Evtl. strittig könnte werden wenn ihr eurer Reinigungspflicht nicht oder nicht ordnungsgemäß nachkommt.
    Dies ist aus deinen Beiträgen bisher aber eher zu verneinen.

    Und ergänzend wie du schon richtig angemerkt hast,
    ist eine einseitige Änderung des MV durch den VM i.d.R. nicht möglich.

    VG Syker

  • Danke für die Rückmeldung.

    Es gab bislang in den Mietverhältnissen, die nun 15 bzw 60 Jahre bestehen, keinen Anlass zur Beschwerde gegen Mutter/Oma. Es müssten ja vermutlich wenigstens 2 Abmahnungen seitens der jeweiligen Wohnungsgesellschaft (vorher VEBA, Annington etc) vorliegen. Beide gehen mit ihren Pflichten sehr sorgfältig um.


  • Die Treppenhausreinigung ist scheinbar eindeutig dem M übertragen.
    Hieraus jetzt einen neuen Posten BK zu konstruieren ist m.E. nicht möglich.

    Wo siehst du denn ein neue Position der BK? In §27 BV ist doch die Hausreinigung ausdrücklich als BK mit aufgeführt, soweit ich weiß?
    Mag ja sein das ich auf dem falschen Dampfer bin, aber für mich stellt sich das bislang anders dar?

  • Wo siehst du denn ein neue Position der BK? In §27 BV ist doch die Hausreinigung ausdrücklich als BK mit aufgeführt, soweit ich weiß?
    Mag ja sein das ich auf dem falschen Dampfer bin, aber für mich stellt sich das bislang anders dar?


    Hallo AJ1900,

    neu im Sinne von taucht auf der Abrechnung auf.
    Sicherlich waren die Kosten auch schon nach der 2.BV beim Abschluss des MV umlagefähig.
    Weil die M aber bisher selber putzen sind keine Kosten angefallen die umgelegt werden können.

    Jetzt wird dieses selber Putzen vom VM aber nicht mehr gewünscht,
    und die Kosten sollen als neuer Posten auf den M umgelegt werden.
    Für mich ist das eine einseitige Vertragsänderung.

    VG Syker

  • AJ1900 - wenn Einzelne nicht putzen, müssen sie schriftlich mehrfach abgemahnt werden und auf ihre alleinige Kosten wird dann die Reinigung beauftragt. Das ist aber dann Sache des "Schuldigen", da zu bezahlen, da wird nichts umgelegt. Den Fall hatte ich schon einmal mit Nachbarn in einem früheren Mietsverhältnis. Ich habe geputzt, daher ging mich das nichts an, es kam aber 14tägig dann eine Firma auf Kosten der Nachbarn.
    Ist übrigens auch so, wenn ein Nachbar verstirbt oder außergewöhnlicher Schmutz bei Renovierungen beseitigt werden muss. Da zahlt die Gesellschaft bzw legt die Rechnung auf den Erben um.

    Ich habe auch ein gewisses Verständnis für die Lage der Vonovia, da sie ja anscheinend Eigentümern nichts kann, wenn diese nicht putzen. Aber es ist keine Art, die Mieter, die ihren Verpflichtungen nachkommen, damit zu belasten.

  • Noch eine Ergänzung: Es liegt auch keine akute Verunreinigung vor. Es wurde auch nie jemand abgemahnt. Es verlottert nichts.
    Es stimmt einfach eine Gruppe Mieter/EWohnungseigentümer ab. Und diese Mehrheit entscheidet darüber, ob man lieber für eine Putzkraft haben möchte.
    Dieser durch Abstimmung entstandene Posten wird dann von der Vonovia als neue Betriebskosten deklariert. Das ist schon noch ein Unterschied zu einem völlig verdreckten Treppenhaus, das eine Fremdreinigung erforderlich macht.

  • Hallo AJ1900,

    neu im Sinne von taucht auf der Abrechnung auf.
    Sicherlich waren die Kosten auch schon nach der 2.BV beim Abschluss des MV umlagefähig.
    Weil die M aber bisher selber putzen sind keine Kosten angefallen die umgelegt werden können.


    Sicher taucht das in der Abrechnung nicht auf, weil bisher ja selber geputzt wurde. Das das ewig so bleiben muß, kann ich so einfach nicht bestätigen. Die Kosten sind nach der Vertragslage wohl grundsätzlich umlagefähig, das ist eigentlich auch allgemeine Rechtslage.
    Ich würde das zumindest so interpretieren. Sicher bin ich mir da auch nicht, aber evtl. gibt es ja schon Urteile in der Richtung. Zumindest beim Anwalt würde ich da mal nachfragen, denn so weit aus dem Fenster lehnen würde ich mich jetzt nicht.

    2 Mal editiert, zuletzt von AJ1900 (16. Juli 2016 um 11:57)


  • Dieser durch Abstimmung entstandene Posten wird dann von der Vonovia als neue Betriebskosten deklariert. Das ist schon noch ein Unterschied zu einem völlig verdreckten Treppenhaus, das eine Fremdreinigung erforderlich macht.

    Ich würde es halt umgekehrt sehen. §27 ist ja grundsätzlich vereinbart, und wurde bislang nicht abgerechnet, weil jeder selber geputzt hat. Nun will man evtl. nicht mehr selber putzen, ergo tritt §27 in kraft?
    Aber wie gesagt, lieber mal beim Anwalt nachfragen. Ich halte das jedenfalls nicht für so eindeutig.

  • Ich habe mich vor meinem Brief an die Gesellschaft informiert und zahlreiche Artikel mit diesem Tenor gefunden:

    Reinigen die Bewohner ihr Treppenhaus selbst, kann der Vermieter ihnen dieses Recht nicht durch die Beauftragung einer Reinigungsfirma entziehen. Weigern sich die Mieter zu zahlen, bleibt der Eigentümer auf den Kosten sitzen. Dies gilt auch für den Fall, dass die Mietergemeinschaft an den Vermieter herantritt und um die Beauftragung eines Reinigungsdienstes bittet. Es müssen immer alle Mieter einverstanden sein, eventuelle Mehrheitsentscheidungen der Mieter reichen nicht (AG Frankfurt/Oder WM 97, 432).

    Aus der Info einer bekannten Rechtschutzversicherung:
    Darf der Vermieter einfach eine Gebäu*de*rei*nigung beauf*tragen?
    Wenn schriftlich vereinbart wurde, dass Sie als Mieter für die Treppen*haus*rei*nigung zuständig sind, kann Ihr Vermieter nicht ohne Weiteres eine Reini*gungsfirma beauf*tragen und Ihnen die Kosten in Rechnung stellen. Dies würde laut dem DMB gegen die mietver*trag*lichen Verein*ba*rungen verstoßen. Nur wenn alle im Haus wohnenden Mieter einer Änderung zustimmen, könne eine Firma die Reini*gungs*ar*beiten übernehmen.

    der Mieterbund sagt auf seiner Seite:
    Die Reinigung des Treppenhauses, der Flure oder anderer Gemeinschaftsräume ist zwar Sache des Vermieters. Die hierfür entstehenden Kosten sind nach Informationen des Deutschen Mieterbundes (DMB) dann aber Betriebskosten. Sie müssen bei entsprechender Vereinbarung im Mietvertrag letztlich von den Mietern des Hauses über die Betriebskostenabrechnungen bezahlt werden.
    Im Mietvertrag kann aber auch wirksam vereinbart werden, dass die Mieter das Treppenhaus selbst putzen und die Reinigung von Flur, Dachboden oder Keller übernehmen. Wo und in welchen Abständen geputzt werden muss ist dann in der Hausordnung oder in einem Reinigungsplan genau beschrieben.
    Nehmen einzelne Mietparteien im Haus ihre Reinigungspflicht nicht ernst sollte der Vermieter eingeschaltet werden. Der muss auf die Einhaltung der mietvertraglich übernommenen Pflichten achten, kann den nachlässigen Nachbarn abmahnen oder von ihm Schadensersatz fordern. Der Vermieter kann eine Putzhilfe beauftragen und die Kosten hierfür dem Mieter der das Treppenhaus nicht geputzt hat in Rechnung stellen.
    Der Vermieter darf in diesen Fällen aber nicht einfach die Reinigungsarbeiten vollständig an ein Unternehmen übertragen und die Kosten als Betriebskosten auf alle Mieter verteilen.


    Hier liegt ja eine solche wirksame Vereinbarung vor, die Reinigung dem Mieter zu übertragen. Daraus werden ja normalerweise nicht nach Gusto des Vermieters wieder Betriebskosten, man traf ja irgendwann die Entscheidung, das bei den betriebskosten außen vor zu lassen. Bisher sind Vermieter wohl auch immer damit gescheitert, dazu habe ich etliche Urteile gefunden (oben ist ja auch eines genannt).
    Daß man sich allerdings dabei auf das Entstehen "neuer Betriebskosten" beruft, ist allerdings ein ganz neuer Kniff, dazu findet man noch nichts. Neue Betriebskosten sind aber in der Regel welche, die vorher noch nicht existent waren, z.B. wie bei der aktuellen Anbringung und Wartung von Rauchmeldern, bedingt durch neue Gesetzgebung.

  • Es ist möglich, die Reinigung von einer externen Firma ausführen zu lassen, kommen Mieter ihrer Pflicht nachweislich nicht nach.

    Putzen sie jedoch wie gefordert, müssen sie die neue Umlage nicht tragen.

    Zitat

    4. Keine Kostenumlage bei Selbstinitiative ohne Anlass

    Der Vermieter hat aber nicht das Recht, bei der vereinbarten Selbstreinigung durch den Mieter ohne begründeten Anlass zur Selbsthilfe zu greifen und das Treppenhaus selbst zu reinigen oder reinigen zu lassen. Die Vereinbarung der Selbstreinigung durch den Mieter hat schließlich Kostengründe. Dadurch, dass der Mieter selbst tätig werden kann, wird er kostenmäßig entlastet. Diese Entlastung ist mietvertraglich vereinbart. Eine Kostenumlage kommt erst dann in Betracht, wenn der Mieter nicht oder nachlässig reinigt.

    Auch kann es nicht darauf ankommen, ob der Mieter die Arbeiten selber durchführt oder von einem Dritten durchführen lässt. Entscheidend ist, dass er für seine Person die Treppenhausreinigung ausführt. Wie er reinigt, bleibt seine Sache.
    5. Kostenumlage, wenn Mieter Reinigungspflicht ignoriert

    Problematisch sind Fälle, in denen der zur Selbstreinigung verpflichtete Mieter die Treppenhausreinigung vorsätzlich ignoriert oder nur nachlässig reinigt. Dann kann der Vermieter aktiv werden. Er muss den Mieter regelmäßig abmahnen. Da die Selbstreinigung mietvertraglich vereinbart ist, verstößt der Mieter gegen seine vertraglichen Pflichten aus dem Mietvertrag. Nach Fristablauf kann er den Weg der „Ersatzvornahme“ beschreiten und eine Reinigungsfirma beauftragen. Den Kostenaufwand darf er dem Mieter in Rechnung stellen (AG Wiesbaden 91 C 2213/99-19; AG Bremen Az. 9 C 346/12).

    Der Vermieter könnte den Mieter auch gerichtlich verpflichten, die Treppenhausreinigung durchzuführen. In Extremfällen kommt die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses in Betracht. Gelegentliche Verschmutzungen des Treppenhauses durch den Hund des Mieters stellen jedenfalls keinen wichtigen fristlosen Kündigungsgrund dar (AG Reichenbach WM 1994, 322).

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