Nachforderung des Vermieters nach Auszug inkl. kompletten Streichens und anstandslosem Übergabeprotokoll

  • Hallo,

    ich bin aus meiner Wohnung ausgezogen. Die Wohnung wurde beim Auszug von mir mit hochwertiger Wandfarbe komplett weiß gestrichen und bei Übergabe wurde mir ein anstandsloses Übergabeprotokoll gegeben. Nach 3 Monaten erhielt ich ein Schreiben des Vermieters, dass die Wohnung von einem Malerbetrieb nochmals mit Spezialfarbe gestrichen werden musste und mir wurden 1100€ in Rechnung gestellt, weil sich wohl braune Flecken und starker Geruch wegen Nikotin gebildet haben soll. Ich bin Raucher und ich habe auch in der Wohnung geraucht, aber das ist ja auch erlaubt.

    Der Vermieter hat ohne mich vorab zu informieren und mir Chance auf Nachbesserung und/oder Wahl der Firma zu geben, einfach die Wohnung streichen lassen. Weder konnte ich den Mangel je besichtigen, noch selbst nachbessern. In speziellen Fällen, wie ich erlesen konnte, kann der Vermieter auf eine fachgerechte Beseitigung durch eine Firma bestehen, aber auch dann hätte ich ein Wahlrecht der Firma haben müssen, so meine Recherchen.

    Natürlich bin ich nicht bereit, ohne jemals den "Schaden" gesehen zu haben, eine solche Rechnung zu bezahlen und meiner Meinung nach wurde durch die selbständige Handlung des Vermieters, mich eben nicht zur Nachbesserung aufzufordern oder wenigsten die Firma aussuchen zu können, ein Rechtsverstoß seitens des Vermieters vorgenommen. Es kann nicht sein, dass der Vermieter ohne mich zu fragen einfach eine Firma beauftragt und mir das Ganze ohne vorherige Besichtigung überhelfen will.

    Wie seht ihr das?

    Die Spitze des Eisberges ist zudem, dass mein Guthaben der Heizkosten schon gleich von der Rechnung abgezogen und ein Anwalt eingeschaltet wurde.

    Danke vorab

    Mino

  • Hallo Mino,

    wenn ein Vermieter im Übergabeprotokoll schriftlich und mit seiner Unterschrift bestätigt, dass die Wohnung in Ordnung und mängelfrei ist, dann nennt man das rechtlich ein "negatives Schuldanerkenntnis". Das bedeutet mit anderen Worten, er erklärt, dass es nichts zu beanstanden gibt. Diese Erklärung ist verbindlich. Ein Vermieter hat ab diesem Zeitpunkt keine Chance mehr, Mängel zu beanstanden, lediglich mit Ausnahme solcher, die der Mieter arglistig vertuscht hat.

  • Eine weitere Ausnahme besteht bei sogenannten verdeckten Mängel. Also Mängel die trotz einer umfangreichen Besichtigung nicht entdeckt werden konnten.

    Das kann bei Nikotin welches in das Mauerwerk eingezogen ist eventuell vorliegen. Aber da ich mich Nikotin und Wänden als Nichtraucher nicht auskenne kann ich dazu nichts sagen. Man müsste das im Einzelfall prüfen. Wohlgemerkt hat der Vermieter bei sowas immer Probleme mit seiner Beweispflicht das der Mangel nicht zu erkennen war, aber es ist durchaus möglich.

    Der BGH hat in einer Entscheidung für Gewerberaum sogar gesagt, dass der Mangel auch durch einen Fachmann hätte nicht entdeckt werden dürfen. Aber bisher wurde dieses Erfordernis nach meinen Kenntnissen nicht auf die Wohnraummiete übertragen.

    Es kann nicht sein, dass der Vermieter ohne mich zu fragen einfach eine Firma beauftragt und mir das Ganze ohne vorherige Besichtigung überhelfen will.

    Wenn du mein Auto kaputt machst darfst du auch nicht entscheiden in welche Werkstatt ich es reparieren lasse.

    Wohlgemerkt ist das in einem Fall doch durchaus etwas komplexer, weil man hier zwischen Renovierung und Beschädigung unterscheiden muss. Nur wenn es sich noch um eine Renovierung handelt und nicht um die Beseitigung eines Schadens muss man den Schuldner eine Frist setzen.

    Das wird auch die größte Schwierigkeit sein für den Vermieter, nachzuweisen, dass es über eine Schönheitsreparatur hinaus geht. Das wird problematisch werden.


    Die Spitze des Eisberges ist zudem, dass mein Guthaben der Heizkosten schon gleich von der Rechnung abgezogen und ein Anwalt eingeschaltet wurde.

    Sei froh das es nicht auch mit der Kaution verrechnet worden ist. Hier geht es darum wer klagen muss, will der Vermieter Geld von dir, muss er klagen und trägt erstmal das Prozessrisiko, willst du Geld vom Vermieter, trägst du es.

    In meinen Augen muss man eh zum Anwalt um das Guthaben zu erhalten, das wird der Vermieter wohl kaum freiwillig zahlen. Spätestens sobald Klage gegen dich erhoben wird sollte ein Anwalt eingeschaltet werden. Außerdem sehe ich die Rechtslage hier gar nicht so eindeutig, auch wenn es nicht aussichtslos ist.

    Gruß

  • nachzuweisen, dass es über eine Schönheitsreparatur hinaus geht. Das wird problematisch werden.

    Darin sehe ich kein Problem. Denn laut Beschreibung der Frage wurde lediglich noch einmal gestrichen, nicht mehr. Und Streichen gehört prinzipiell zum Umfang der Schönheitsreparaturen, was bei wirksamer Vereinbarung im Vertrag eine Leistungspflicht des Mieters ist.

    Wenn man nun behauptet, dass es als eine Beschädigung einzustufen ist, dann würde ein bloßes Streichen nicht ausreichen, sondern dann wäre es erforderlich, die Wände intensivst zu behandeln und dann neu zu Tapezieren.

    Sollte also ein Gericht feststellen, dass das negative Schuldanerkenntnis des Vermieters hierfür nicht gilt, weil es ein verdeckter Mangel ist, dann hätte das zur Folge, dass man dem Mieter eine Nachfrist zum nochmaligen Streichen geben muss, bevor der Vermieter Schadenersatz verlangen kann. Aufgrund der Leistungspflicht des Mieters gilt hier §281 I BGB.

  • Denn laut Beschreibung der Frage wurde lediglich noch einmal gestrichen, nicht mehr.

    Ich denke da lieber etwas weiter, falls der Vermieter es halt nur streichen genannt hat, aber in Wirklichkeit mehr gemacht werden musste. Daher wollte ich alle Optionen aufzeigen.

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