Betriebskosten - Gerichtsurteile zur Beweislast für unwirtschaftliches Handeln des Vermieters

  • Hallo liebe Mitglieder,

    bitte um Hilfe, um einige widersprüchliche Gerichtsurteile zu verstehen.

    Und zwar:

    Der BGH hat mit 2 Urteilen (Urteil vom 07.02.2018, Az.: VIII ZR 189/17 und Urteil vom 07.02.2018, Az.: VIII ZR 148/17) die Rechte der Mieter bei extrem hohen Nebenkosten- oder Stromabrechnungen gestärkt. Im Streitfall müssen Mieter, wenn sie eine außergewöhnlich hohe Abrechnung für Heizung oder Strom bekommen, nicht zahlen, wenn laut BGH „die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehler“ besteht. Dann ist es nämlich nicht Aufgabe des Mieters nachzuweisen, dass ein außergewöhnlich hoher Verbrauch angefallen ist.

    Die Beweislast liegt in diesem Fall beim Vermieter oder Energieversorger, welcher beweisen muss, dass die abgerechneten Kosten auch tatsächlich verbraucht wurden.

    Nun eigentlich zu meinem Fall :

    Ich miete eine Privatwohnung, mein Wohnungseigentümer verwaltet gleichzeitig das gesamte Haus für die Wohnungseigentümergemeinschaft.

    In der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2020 war die Position für die Flur- und Hofreinigung mehr als fünffach (!!!) :cursing: höher als im Vorjahr. Darüber hinaus lagen formelle Fehler bei der Berechnung dieser Position vor, und zwar: nicht nachvollziehbare Vorgänge / Beträge sowie unverständliche Abkürzungen.

    Nach der Ansicht der Belege habe ich auch zahlreiche inhaltliche bzw. materielle Fehler festgestellt: die Belege waren unvollständig, rechnerisch fehlerhaft und ungenau.

    Daher habe ich diese Position beim Vermieter widersprochen und die Zahlung für diese Position unter Vorbehalt der Rückforderung geleistet, um sich gegen eine mögliche fristgemäße Kündigung des Mietvertrages abzusichern (da der Betrag, um den gestritten wird, höher als eine Monatsmiete ist). Die Nachzahlung der Betriebskosten für restliche Positionen habe ich geprüft und beglichen, da diese korrekt waren. Ich habe meinen Einwand wie folgt begründet:

    1) die Position ist formell fehlerhaft : nicht nachvollziehbare Vorgänge / Beträge sowie unverständliche Abkürzungen

    2) die Position verstößt gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, Gemäß §§ 556 Abs. 3 Satz 1 und 560 Abs. 5 BGB, und daher inhaltlich fehlerhaft:

    - gem. dem Urteil vom 12.1.2006 KG, 12 U 216/04 : sind einzelne Positionen der Betriebskosten gegenüber dem Vorjahr stark – das heißt innerhalb eines Jahres um mehr als 10% – gestiegen, muss der Vermieter hierfür nachvollziehbare Gründe angeben. Dazu gehören detaillierte Ausführungen, wodurch die Preissteigerung hervorgerufen wurde und warum er diese nicht vermeiden konnten.

    - bei einem Anstieg um mehr als 50% obliegt es dem Vermieter regelmäßig darzulegen, welche Preisverhandlungen er mit dem für das Vorjahr beauftragten Unternehmen im einzelnen geführt hat, und welche Anstrengungen er konkret unternommen hat, einen günstigeren Unternehmer für die zu vergebenden Tätigkeiten zu finden.

    3) Die Belege sind unvollständig, rechnerisch nicht korrekt und ungenau und daher ist die Position inhaltlich fehlerhaf.

    Aber das andere Urteil des LG Berlins widerspricht den von mir oben genannten BGH-Urteilen sowie in meinem Einwand zitierten Urteil des Kammergerichts:

    LG Berlin, im Urteil vom 17.08.2017 – 67 S 190/17: “Treffe den Vermieter auch dann keine ergänzende Beweislast, wenn einzelne Betriebskostenpositionen gegenüber dem Vorjahr um mehr als 10 % gestiegen seien“. Also, die Beweislast für unwirtschaftliches Handeln des Vermieters trägt gem. LG Berlin der Mieter.

    Nun kommen meine Fragen:

    • Ist meine Argumentation im Einwand korrekt:?:
    • Ist das KG Urteil vom 2006 noch rechtwirksam :?:
    • 3) wer trägt gemäß dem aktuellen Rechtsstand die Beweislast für unwirtschaftliches Handeln des Vermieters:?:

    Besten Dank für eure Unterstützung.

    P.S. Eine Rückmeldung bzw. korrigierte Abrechnung zu meinem Enwand habe ich bisher vom Vermieter nicht erhalten

  • Ist meine Argumentation im Einwand korrekt

    Wahrscheinlich eher nicht.

    Die Einwände sind nicht konkret genug. Es reicht nicht zu sagen, dass ein Betrag rechnerisch ungenau ist oder ähnliches, man muss es genau benennen, wo der Fehler ist. Und bei den unverständlichen Abkürzungen macht es einen Unterschied, ob nur du diese nicht verstanden hast, oder ob es objektiv intransparent ist. Das ist bedeutsam, um die formelle Korrektheit zu bestimmen.

    Ist das KG Urteil vom 2006 noch rechtwirksam

    Nein.

    Der BGH hat inzwischen in mehreren Urteilen dargelegt, dass die Anforderungen an eine Abrechnung nicht mit Nebeninformationen überfrachtet werden sollen. Siehe z.B. BGH, Urteil vom 20.1.2016, Az.: VIII ZR 93/15. Details, die man im Rahmen der Belegeinsicht klären kann, machen eine Abrechnung nicht formell unwirksam.

    wer trägt gemäß dem aktuellen Rechtsstand die Beweislast für unwirtschaftliches Handeln des Vermieters

    Der Mieter muss substantiiert darlegen, warum er der Meinung ist, der Vermieter hätte das Wirtschaftlichkeitsgebot missachtet. In dem von dir genannten BGH Urteil ging es ja auch gar nicht um die Wirtschaftlichkeit, sondern darum, dass der Vermieter bei der Belegeinsicht auch die Verbrauchswerte der anderen Wohnungen zeigen muss. Das ist ein ganz anderes Thema.

    Nach der Ansicht der Belege habe ich auch zahlreiche inhaltliche bzw. materielle Fehler festgestellt

    Also was ist dann deine eigentlich Frage? Wenn du materielle Fehler festgestellt hast, dann ist es doch eigentlich geklärt. Diese Fehler hättest du in deinem Widerspruch konkret benennen können, und den sich ergebenden fehlerhaften Betrag von deiner Nachzahlung abziehen können.

    korrigierte Abrechnung zu meinem Enwand habe ich bisher vom Vermieter nicht erhalten

    Warum sollte er auch. Du hast ja bezahlt, und da deine Einwände zu allgemein sin, würdest du wahrscheinlich auch nicht bei Gericht durch kommen. Aber du hast ja 12 Monate, um Einwände geltend zu machen, also kannst du es vielleicht noch korrigieren.

  • Vielen Dank für die rasche Rückmeldung

    Warum meinst du, dass :

    Die Einwände sind nicht konkret genug.

    Selbstverständlich habe ich hier im Forum meine Argumente nur kurz geschildert, Mein Widerspruchschreiben an den Vermieter umfasst 6 Seiten, in denen ich meine Einwände ausführlich darlege. Im Anhang ist mein Schreiben, natürlich mit geschwärzten persönlichen Daten.

    Und bei den unverständlichen Abkürzungen macht es einen Unterschied, ob nur du diese nicht verstanden hast, oder ob es objektiv intransparent ist. Das ist bedeutsam, um die formelle Korrektheit zu bestimmen.

    Dann schau bitte in den anderen Anhang, Positionen 9-10, dies ist die Abrechnung. Nicht nachvollziehbare Vorgänge und Abkürzungen sind mit roten Pfeilen gekennzeichnet. Und wie kann man hier die Korrektheit der Berechnung überprüfen? Meiner Meinung nach ist dies unmöglich, daher handelt es sich um formelle Fehler.

    Frage: ist das KG Urteil vom 2006 noch rechtwirksam?

    Antwiort: Nein.

    Schade, dies war ein gutes Argument gegen willkürliche Betriebskostenerhöhungen durch den Vermieter.

    Du hast ja bezahlt, und da deine Einwände zu allgemein sin, würdest du wahrscheinlich auch nicht bei Gericht durch kommen. Aber du hast ja 12 Monate, um Einwände geltend zu machen, also kannst du es vielleicht noch korrigieren.

    Ja, ich habe für diese Position ausdrücklich unter Vorbehalt der Rückforderung bezahlt, aber nur um 100% sicher gegen eine mögliche fristgemäße Kündigung zu sein, Ich würde den Vermieter auch nicht verklagen. Eigentlich bin ich gerade auf der Suche nach einer anderen Wohnung und hoffe, dass ich diese innerhalb eines Jahres finde. Nach der Kündigung des Mietvertrages mache ich von meinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch und ziehe das von mir errechnete Guthaben von den letzten drei Mietzahlungen ab. Das ermöglicht BGH Urteil vom 06.02.2013 (Az.: VIII ZR 184/12) : gem. BGH-Rechtsprechung müsste der Mieter auch eine Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung bis zum Erhalt einer inhaltlich korrigierten Abrechnung gemäß § 273 Abs. 1 BGB zurückbehalten dürfen – sofern es sich nicht um kleinere und leicht erkennbare Fehler handelt.

    Auf jeden Fall herzlichen Dank für deine Hilfe.