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Mietminderung

Liegen während der Mietdauer Mängel oder Fehler der Wohnung vor, darf der Mieter die Miete angemessen kürzen. Die Vorschrift des § 536 BGB ist auf alle Mietverhältnisse anwendbar. Dem Mieter steht das Recht zur Vornahme einer Mietminderung somit kraft Gesetzes zu.

Dies bedeutet, dass der Mieter zur Mietkürzung berechtigt ist, ohne dieses Recht vorher einklagen oder dem Vermieter gegenüber vorab ankündigen zu müssen. Allerdings kann der Mieter von seinem Mietminderungsrecht nur dann Gebrauch machen, wenn er den Mangel dem Vermieter gegenüber auch tatsächlich angezeigt bzw. diesen gerügt hat (Mängelrüge).

Voraussetzungen

Die Vornahme einer Mietminderung durch den Mieter setzt zunächst zwingend voraus, dass die Mietsache mit einem Mangel behaftet ist.

Unter Mangel ist jede für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Ist-Zustands des Mietobjekts vom Soll-Zustand zu verstehen (Siehe: BGH NJW 2000, 1714). Der Zustand, wie ein Mietobjekt zu sein hat (Soll-Zustand), bestimmt sich nach dem vereinbarten Vertragszweck. Ein Mietmangel kann auch durch gesundheitsgefährdende Beeinträchtigung der Mietsache gegeben sein.

Gleichwohl berechtigt nicht jeder Mangel den Mieter zur Vornahme einer Mietminderung. Dies ist nur dann zulässig, wenn der Mangel die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache vollständig aufhebt oder wenigstens mindert.

Besteht lediglich die Gefahr, dass ein Mietmangel aufgrund baulicher Gegebenheiten jederzeit tatsächlich eintreten könnte, darf die Miete nicht gemindert werden (BGH, 12.2018, VIII ZR 271/17 & VIII ZR 67/18).

Verweigert der Mieter jedoch die Beseitigung des Mangels durch den Vermieter, ist eine Mietminderung nicht zulässig (BGH, 10.04.2019, Az.: VIII ZR 12/18). Dazu ist eine Wohnungsbesichtigung durch den Vermieter oft unerlässlich. Mehr dazu unter Annehmbare Gründe für eine Wohnungsbesichtigung.

Bewertungszeitpunkt für die Mietminderung

Maßgeblicher Bewertungszeitpunkt für die Feststellung, ob eine Abweichung der Mietsache vom Soll-Zustand vorliegt, ist der Zeitpunkt der Überlassung der Mietsache.

Bei gesundheitsgefährdendem Mangel der Mietsache kann auch ein späterer Bewertungszeitpunkt in Betracht kommen. Dies wäre dann der Fall, wenn sich auf Grund technisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse der Standard zur Beurteilung einer Gesundheitsgefährdung verändert hat (Siehe: BVerfG NZM 1999, 302). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass auch eine Schadstoffbelastung einen Mietmangel darstellen kann und die anerkannten Grenz-bzw. Vorsorgerichtwerte sich aufgrund neuer Erkenntnisse während der Mietsache verändern können (Siehe: BayObLG NJW-RR 1999, 1533).

Beispiel: Für die Beurteilung, ab wann sogenannter „Elektrosmog“ gesundheitsgefährdend ist, ist zurzeit die 26. BImSchV vom 16.12.1996 (BGBl 1966) maßgeblich (Siehe: AG Traunstein ZMR 2000,389). Ändern sich die darin getroffenen Grenzwerte infolge aktueller Untersuchungen und werden entsprechend herabgesetzt, werden sicher weitaus mehr Mieter das Recht haben Mietminderung wegen Elektrosmogs geltend zu machen. Gleiches gilt beispielsweise auch für die Richtlinien gemäß Schallschutzverordnung.

Mietminderung gibt es übrigens auch bei Lärmbelästigung. Mehr dazu unter Mietminderung bei Lärm & Ruhestörung.

Kein Verschulden des Vermieters erforderlich

Das Recht zur Vornahme einer Mietminderung steht dem Mieter unabhängig von einem Verschulden des Vermieters zu. Hintergrund ist, dass es sich bei § 536 BGB um eine Garantiehaftung des Vermieters handelt. Diese greift verschuldensunabhängig durch.

Wann Mangel anzeigen?

Der Mieter hat einen Mangel der Mietsache unverzüglich nach Kenntnisnahme dem Vermieter gegenüber anzuzeigen. Anderenfalls steht dem Mieter ein Recht zur Vornahme einer Mietkürzung nicht zu.

Hintergrund ist, dass der Vermieter eine Minderung der Miete dann nicht hinnehmen muss, wenn er den Mangel der Mietsache nicht kannte bzw. kennen konnte. Schließlich ist dem Vermieter durch Anzeige des Mangels Gelegenheit zu geben, den Mangel zu beheben.

Hinweis: Ignoriert der Vermieter die Mängelanzeige beginnt der Zeitraum, ab welchem dem Mieter ein Recht zur Mietminderung zusteht, ab Kenntnis des Vermieters.

Höhe der Minderung

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Bemessung der Mietminderung die Höhe der Bruttomiete, also Kaltmiete einschließlich Heiz- und Nebenkosten, ausschlaggebender Maßstab (Siehe: BGH vom 06.04.2005 AZ: XII ZR 225/03 veröffentlicht in BGH WuM 2005, 573). In welcher Höhe konkret eine Mietkürzung als zulässig bzw. angemessen zu betrachten ist, ist vom Einzelfall abhängig und nicht allgemeingültig geregelt.

Grundsätzlich gilt jedoch, dass die Höhe einer Mietminderung angemessen sein muss. Die Angemessenheit wird maßgeblich bestimmt durch den Umfang der Beeinträchtigung der Mietsache. Die Miete darf umso mehr gekürzt werden, je stärker sich der Mangel auswirkt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, um wie viel die Mietsache auf Grund des Mangels weniger wert ist. Im Streitfall nimmt das Gericht eine Bemessung der Höhe der Mietminderung gemäß § 287 ZPO im Rahmen der Schätzung vor.

Unangemessene Mietminderung

Nimmt der Mieter eine unangemessen hohe Mietminderung vor und erreicht diese dann einen Betrag, der einer zweifachen Monatsmiete entsprechen würde, steht dem Vermieter das Recht zur fristlosen Kündigung wegen Mietrückstands zu.

Tipp: Um eine unangemessene Mietminderung nicht zu riskieren, sollte der Mieter entweder den vollen Mietzins weiterzahlen, jedoch unter ausdrücklichem Vorbehalt der Geltendmachung von Mietminderungsansprüchen, deren Höhe sich gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt konkretisieren lassen.

Im Übrigen ist eine Mietminderung stets nach dem Grad der Beeinträchtigung vorzunehmen und demgemäß bei teilweiser Mängelbeseitigung entsprechend anzupassen.

Wann ist eine Mietminderung gerechtfertigt?

Beispiele begründeter Mietminderung:

  • Unterschreitung der vereinbarten Mietfläche um mehr als 10% (Siehe: BGH NJW 2004, 1947)
  • Bleispuren in Wasserleitungsrohren (Siehe: OLG Köln NJW 1992, 51)
  • „Fogging“-schwärzlicher Niederschlag in der Mietwohnung (Siehe: BGH ZMR 2008, 869)
  • Mehrverbrauch wegen schadhafter Zentralheizungsanlage (Siehe: OLG Düsseldorf MDR 1983, 229)
  • Belastung durch Asbest (Siehe: OLG Hamm NZM 2003, 395)
  • Ungeziefer (Siehe: AG Bremen NJW 1998, 3282)
  • Unzulängliche Isolierung (Siehe: BGH WM 1962, 271)
  • Ungenügende Beheizung (Siehe: KG NZM 2002, 917)
  • Laminatverlegung wird trotz starker Beeinträchtigung nicht vom Vermieter durchgeführt (Siehe: AG Schöneberg, 2008, 109 C 256/07)
  • Wohnungsbrand – Wohnung kann nicht angemessen genutzt werden (siehe Wohnungsbrand – Rechte des Mieters)

Mietminderungstabelle

Weitere Mietminderungen und deren Höhe finden Sie in der Mietminderungstabelle.

Beweislast für Mieter und Vermieter

Sollte es zum Streit zwischen Mieter und Vermieter im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Vornahme einer Mietminderung kommen, hat der Mieter das Vorliegen des Mangels der Mietsache, auf den er sich beruft, zu beweisen. Zu diesem Zweck hat der Mieter die Möglichkeit gegebenenfalls ein Sachverständigen-Gutachten einzuholen. Auch hat der Mieter die rechtzeitige Mangelanzeige zu beweisen.

Der Vermieter hingegen hat Beweis dafür anzutreten, dass der Mangel nicht aus seinem Obhutsbereich stammt oder aber die vom Mieter behauptete Beeinträchtigung lediglich von geringfügiger Natur ist oder der Mieter von dem Mangel bereits bei Vertragsabschluss Kenntnis hatte (Siehe: OLG Celle RE WuM 1985, 9).

Recht auf Gutachter

Der Vermieter ist im Rahmen eines streitigen gerichtlichen Verfahrens berechtigt, ein Sachverständigen-Gutachten zum Nachweis seiner mangelnden Eintrittspflicht einzuholen. Sollte das Gerichtsverfahren zu Gunsten des Vermieters ausgehen, ist dieser berechtigt, die für das Sachverständigen-Gutachten entstandenen Kosten dem Mieter gegenüber geltend zu machen (Siehe: LG Hamburg WuM 1983, 290). Anderenfalls muss der Vermieter diese Kosten selbst tragen.

Rückwirkende Mietminderung

Eine Minderung der Miete ist nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch rückwirkend zulässig (Siehe: BGH Urteil vom 16.07.2003 Az: VIII ZR 274/02).

Voraussetzung für eine rückwirkende Mietminderung ist allerdings, dass der Vermieter durch den Mieter von dem Mangel der Mietsache in Kenntnis gesetzt worden ist, am besten mit Behebungsfrist und der Information über eine ihm bevorstehende Mietminderung. Behebt der Vermieter den Mangel trotz entsprechender Mängelrüge des Mieters nicht und zahlt dieser zunächst gleichwohl den vollen Mietzins, kann der Mieter dann die Miete rückwirkend kürzen, wenn er im Glauben war, dass der Vermieter den Mangel beheben werde.

Hat der Mieter bereits vor sechs Monaten einen Mietmangel gerügt und gleichwohl vorbehaltlos die volle Miete weitergezahlt, kann er eine Mietminderung nicht rückwirkend, aber zukünftig, geltend machen (Siehe: BGH Az: VIII ZR 274/02). Nach früherer Rechtsprechung wäre in einem solchen Fall das Minderungsrecht vollständig, also auch für die Zukunft, verwirkt gewesen (Siehe: BGH Urteil vom 26.02.2003 Az: XII ZR 66/02). Diese Entscheidung ist zwischenzeitlich modifiziert durch die BGH-Entscheidung vom 16.07.2003.

Verwirkung des Minderungsrechts

Sollte der Mieter trotz Mängelrüge über einen Zeitraum von 14 Monaten vorbehaltlos den vollen Mietzins gezahlt haben, hat er sein Minderungsrecht verwirkt (Siehe: LG Berlin GE 2003, 254).

Auch der Vermieter kann seinen Anspruch auf Zahlung der von dem Mieter einbehaltenen Miete dadurch verlieren, dass er das (angebliche) Minderungsrecht des Mieters über einen längeren Zeitraum ohne Widerspruch zu erheben hinnimmt (Siehe: BGH NJW 2006, 219).

Wiederaufleben des Mietminderungsrechts

Nach Vornahme einer Mieterhöhung durch den Vermieter lebt ein bereits verwirktes Recht des Mieters zur Mietminderung erneut auf. Allerdings ist Höhe der maßgeblichen Mietminderung auf die Höhe der Mietanhebung beschränkt (Siehe: OLG Köln ZMR 2001, 533).

Wann kein Recht auf Mietminderung besteht

Grundsätzlich kann das Recht auf Mietminderung vertraglich nicht rechtswirksam ausgeschlossen werden.

Achtung: Schließt der Mieter den Mietvertrag allerdings in Kenntnis des Mangels ab oder ist ihm infolge grober Fahrlässigkeit (er hätte bei der Besichtigung der Mietsache genauer hinschauen können und müssen) der Mangel unbekannt geblieben, verliert er sein Recht auf Mietminderung.

Verjährung des Minderungsanspruchs

Der Anspruch auf Mietminderung verjährt gemäß § 195 BGB nach drei Jahren.

Weitere Ansprüche des Mieters

Neben dem Recht auf Vornahme einer Mietminderung wegen Mängeln der Mietsache kann der Mieter auch Schadensersatz gemäß  § 536 a BGB verlangen. 

Der Mieter hat darüber hinaus das Recht, das Mietverhältnis nach § 543 BGB fristlos zu kündigen. Ebenso kann der Mieter sich auch zunächst damit begnügen, seinen Mängelbeseitigungsanspruch gemäß § 535 Abs. 1 BGB geltend zu machen.

Häufige Fragen zum Thema

Wann kann ich die Miete mindern?

Eine Mietminderung kann vorgenommen werden, wenn ein Mietmangel vorliegt – die Mietsache befindet sich nicht im vertragsgemäßen Zustand – der Mangel dem Vermieter angezeigt wurde (Mängelrüge) .

In welcher Höhe kann die Miete gemindert werden?

Die Höhe der Mietminderung (in Prozent von der Warmmiete) richtet sich nach der Beeinträchtigung, welche dem Mieter durch einen Sachmangel entsteht. Eine gute Übersicht bietet die Mietminderungstabelle, welche sich nach Urteilen zur Mietkürzung richtet.

Wie lange kann ich die Miete mindern?

Solange der Mietmangel besteht, haben Mieter das Recht, eine Mietminderung vorzunehmen. Die Mietminderung ist übrigens auch rückwirkend möglich, sofern der Vermieter über den Mangel in Kenntnis gesetzt wurde.

VGW 98