Tod eines Mieters

  • Hallo,
    nachfolgend möchte ich gerne einen realen Fall vorstellen und würde gerne um eure/ihre rechtliche Einschätzung bitten.

    Ein Ehepaar (Ende 30) trennt sich. Die Ehefrau zieht aus der ehelichen Wohnung aus, schließt einen Mietvertrag für eine neue Wohnung. Die Frau möchte mit ihrem minderjährigen Kind in die neue Wohnung einziehen. Da sie über kein Arbeitseinkommen verfügt, stellt sich der Ehemann als Bürge zur Verfügung. Der Bürgschaft ist eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft, mit dem Verzicht auf die Einrede Vorausklage. Die Bürgschaft ist betragsmäßig unbegrenzt und erstreck sich auf alle aus dem Mietverhältnis enstehenden Forderungen gegen die Haupmieterin aus diesem Mietverhältnis. Zusätzlich stellt die Mieterin eine vereinbarte Kaution über 2MM. Zwischenzeitlich ist die Ehe geschieden und der minderjährige Sohn aus der Wohnung ausgezogen. Die Mieterin verstirbt und liegt tagelang in der Wohnung. Die Whg. wurde durch die Polizei sowie das Ordnungsamt geöffnet. In der Whg befanden sich etwa 2500 leere Flaschen ,meist alkoholische Getränke. Wände und Böden waren verkotet und mit Urin übergezogen. Der Leichengeruch war extrem. Aufgrund dessen, dass sich in dem selben Haus eine Bäckerei sowie ein Eiscafe befindet, hat das Ordnungsamt eine schnellstmögliche Räumung und Desinfektion der Whg angeordnet, da ansonsten die Betriebsgenehmigung für die vorgenannten Betriebe entzogen würden.

    Der Ex-Ehemann ( Bürge) , der Bruder der Verstorbenen sowie der mittlerweile volljährige Sohn wurden vom VM aufgefordert den behördlichen Aufforderungen nachzukommen. Alle haben dies abgelehnt. Nunmehr hat der VM die Whg im zuge der Selbsthilfe räumen und desinfizieren lassen, sowie die beschädigten Wand- und Bödenbeläge erneuern lassen.
    Für hierdurch entstandene Kosten fordert er vom Bürgen Ersatz.

    Es geht um die Beurteilung der Frage ob der VM entgegen des § 551 BGB und unter Würdigung des BGH, 10.04.2013 - VIII ZR 379/12 Urteils einen Anspruch aus der Bürgschaft hat (und falls ja in welcher Höhe ). Die Erbschaft wurde von allen Erbberechtigten ausgeschlagen zumindest soweit dem VM bekannt ist. Das Nachlassgericht war soweit bekannt nicht eingeschaltet worden.

    6 Mal editiert, zuletzt von Motzi (2. Juli 2013 um 17:46)

  • Im genannten BGH-Urteil ging es um eine Bürgschaft, die gestellt wurde um eine Kündigung abzuwenden. Wenn die Mieterin die Wohnung nur unter der Voraussetzung bekommen hat, dass der Ex vollumfänglich bürgt, ist die Vereinbarung unwirksam.
    Der Ex müsste maximal noch in Höhe einer Monatsmiete bürgen.

  • Der VM hat die Bürgschaft nicht gefordert. Sie wurde ihm freiwillig angetragen um sozusagen die Chancen für eine Vermietung zu erhöhen. Und wenn die Vereinbarung unwirksam wäre, warum sollte dann der Bürge in Höhe einer MM bürgen?

    551 BGB geht davon aus, dass keine für den Mieter nachteilige Regelung getroffen werden kann. Der Ex ist aber kein Mieter?

    Da schliest sich dann gleich noch eine Frage an: Wie kann zur Vermeidung einer Kündigung eine solche Bürgschaft nicht als Nachteil für den Mieter angesehen werden, wenn man im Umkehrschluss davon ausgeht das eine Bürgschaft bei einem Zustandekommen eines MV als nachteilig anzusehen wäre? Ist doch irgendwie nicht ganz logische.

    2 Mal editiert, zuletzt von Motzi (2. Juli 2013 um 18:17)

  • Freiwillig mehr anzubieten als man muss, ist meines Wissens nach zulässig. Schwierig wird es evtl. wenn man diese völlige Freiwilligkeit beweisen muss.

    Zitat

    551 BGB geht davon aus, dass keine für den Mieter nachteilige Regelung getroffen werden kann. Der Ex ist aber kein Mieter?


    Es wäre für einen Mieter nachteilig, wenn er zusätzlich zu einer Kaution noch einen Bürgen auftreiben MÜSSTE um eine Wohnung zu bekommen.

  • Zitat

    nachfolgend möchte ich gerne einen realen Fall vorstellen und würde gerne um eure/ihre rechtliche Einschätzung bitten.

    Wäre es nicht klüger, diesen Fall einem Anwalt vorzustellen. Ein Forum für Mietrecht ist mit Sicherheit der falsche Platz.

  • Hallo Motzi,

    Ich halte die Bürgschaft sofern wirklich freiwillig von der "dritten Person" geleistet für wirksam.
    Bedeutet also das der Exmann für den kompletten Schaden haftet.


    VG Syker

  • Ich würde Syker zustimmen.

    Der Bürge haftet für die Verbindlichkeiten des Schuldners auch über dessen Tod hinaus. Da es keine Erben gibt(ausgeschlagen) bleibt die Haftung weiter an ihm hängen. Bürgen ist wie Würgen!

  • Zitat

    Der Bürge haftet für die Verbindlichkeiten des Schuldners auch über dessen Tod hinaus.


    Darum ging es eigentlich gar nicht, denn das war klar. Es ging darum ob die Bürgschaft in unbegrenzter Höhe überhaupt wirksam ist und das ist nicht immer der Fall.

  • Wäre es nicht klüger, diesen Fall einem Anwalt vorzustellen. Ein Forum für Mietrecht ist mit Sicherheit der falsche Platz.


    Dieser Fall ist bereits gerichtsanhängig und wird anwaltlich begleitet. Durch die neue BGH Rechtsprechung ist aber eine gewisse Unsicherheit in der "Urteilsfindung" gegeben, sodass mir
    die Sicht der Autoren hier vielleicht den entscheidenten "Wink" geben kann.
    Wie schon bereits hier richtig erkannt wurde , ist die Beweisbarkeit der Freiwilligkeit fast unmöglich. Klar ist auch das
    für einen Mieter nicht per se Nachteilig ist einen Bürgen beizubringen, da dem Mieter keine zusätzlichen Verpflichtungen entstehen. Er schuldet dem Bürgen nur das, was er dem VM auch schulden würde. Aber wie ist das Paradoxon aufzulösen , das die Vermeidung des Verlustes einer Whg. durch eine Bürgschaft nicht zum Nachteil des Mieters gereicht und die Tatsache das die gleiche Mieterin die Whg ohne Bürgschaft womöglich erst garnicht bekommen hätte ein Nachteil darstellt?

  • Zitat

    Aber wie ist das Paradoxon aufzulösen , das die Vermeidung des Verlustes einer Whg. durch eine Bürgschaft nicht zum Nachteil des Mieters gereicht und die Tatsache das die gleiche Mieterin die Whg ohne Bürgschaft womöglich erst garnicht bekommen hätte ein Nachteil darstellt?


    Der Mieter im BGH-Urteil hat seine Miete nicht gezahlt und konnte die Wohnung dadurch retten, dass ein Bürge für ihn eingesprungen ist. Da eine fristlose Kündigung nach der zweiten ausbleibenden Miete möglich ist, kann es nur zu seinem Vorteil sein, wenn er einen freiwilligen Bürgen hat und der Vermieter deshalb freiwillig auf die Kündigung verzichtet.
    Wenn Leute aber nur noch dann eine Wohnung finden würden, wenn sie zusätzlich zur Kaution noch einen solventen Bürgen aus dem Ärmel schütteln können, der unbegrenzt haftet, wäre das für viele Mieter ein großer Nachteil, wenn so ein Bürge nicht vorhanden ist.
    Ausserdem muss man Mieter von vornherein auch zugute halten, dass sie sich so verhalten und ihre Wohnung in einem Zustand zurücklassen, dass sie ihre Kaution zurückerhalten.

  • Schon klar - aber - wenn ein Mietvertrag erst gar nicht zustande kommt , weil kein Arbeitseinkommen vorhaden ist, wäre das aus ihrer Sicht kein Nachteil für den "Mieter" ?

  • Zitat

    Schon klar - aber - wenn ein Mietvertrag erst gar nicht zustande kommt , weil kein Arbeitseinkommen vorhaden ist, wäre das aus ihrer Sicht kein Nachteil für den "Mieter" ?

    Es ist immer ein Nachteil für einen Mieter, wenn er nicht genug verdient um sich eine Wohnung leisten zu können. Die Sicherheit ist aber nunmal per Gesetz auf 3 Monatsmieten beschränkt.
    Ausserdem gibt es eine ganz simple Lösung um dieser Bürgschaftsgeschichte aus dem Weg zu gehen: Man nimmt den "Bürgen" als weiteren Mieter in den Vertrag auf. Fertig. Von den Folgen für den Bürgen/Mitmieter macht das praktisch keinen Unterschied.

  • Nun ja - wenn ein Mieter sich "seine" Whg nicht leisten kann - ist das wohl zuerst ein Nachteil für den VM, oder ? Und wenn dem Mieter der Verlust der Whg. droht ist die Begrenzung auf 3MM kaution lt. BGH nicht rechtsunwirksam . Warum also bei einer Neuvermietung? Beides hätte doch zum Ergebnis, das der "Mieter" keine Whg. hätte. Ihre Lösung wäre zwar eine Möglichkeit - für diesen Fall ist sie aber leider nicht relevant - da nicht nachholbar

  • Hallo zusammen


    Der Mieter im BGH-Urteil hat seine Miete nicht gezahlt und konnte die Wohnung dadurch retten, dass ein Bürge für ihn eingesprungen ist.
    ...
    kann es nur zu seinem Vorteil sein, wenn er einen freiwilligen Bürgen hat und der Vermieter deshalb freiwillig auf die Kündigung verzichtet.

    Im BGH-Urteil ist die Bürgschaft nicht wirklich freiwillig geleistet worden,
    sondern wurde zur Abwendung der Kündigung vom VM gefordert.

    Im Fall von Motzi würde ich versuchen dahingehend zu argumentieren
    das der verstorbene M auch ohne Bürgschaft den MV erhalten hätte.
    Denn das Gegenteil wird durch den Bürgen nicht zu beweisen sein.


    VG Syker

  • Zitat

    Das hat der BGH mit seiner neuen Rechtsprechung doch gerade aufgelöst.


    Hast du das Urteil gelesen? Der BGB hat den entsprechenden § ganz und gar nicht aufgelöst.

    Zitat

    Im Fall von Motzi würde ich versuchen dahingehend zu argumentieren
    das der verstorbene M auch ohne Bürgschaft den MV erhalten hätte.
    Denn das Gegenteil wird durch den Bürgen nicht zu beweisen sein.


    Hier wird aber der Vermieter klagen müssen. Wer muss dann was beweisen?

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